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Impfstoffe

Durch den Einsatz von Impfstoffen konnten im Laufe vieler Jahre Infektionskrankheiten bei Mensch und Tier zum Stillstand gebracht oder es konnte der Verlauf abgeschwächt werden. Weltweit ausgerottet wurden bisher nur die Pocken (ein erster Impfstoff wurde vor über 200 Jahren eingesetzt). Bei anderen Infektionskrankheiten wie Typhus, Cholera oder Tuberkulose gelang dies bisher nur auf regionaler Ebene. Antivirale Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten wie Zika oder SARS waren bisher wenig erfolgreich. 

Impfstoffe sind nicht für alle Menschen weltweit gleichermassen verfügbar. Während diverse Infektionskrankheiten in den industrialisierten Ländern so gut wie eingedämmt sind (das gilt zum Beispiel für die Masern in den USA und Skandinavien), kämpft man in ökonomisch unterprivilegierten Ländern weiter um den Zugang zu bezahlbaren Impfstoffen. So tritt Polio (Kinderlähmung) sporadisch immer noch in Nigeria, Somalia und Pakistan auf. 

Die Entwicklung und Herstellung eines Impfstoffes kann 10 bis 20 Jahre dauern. Bei aktuellen Impfstoffen auf RNA- oder DNA-Basis konnte man diese Zeitspanne erheblich verkürzen. So konnte Ende 2020 nach nur wenigen Monaten Entwicklungszeit und klinischer Überprüfung ein Impfstoff auf mRNA-Basis gegen CoVid-19 erstmals zugelassen werden. Impfstoffe oder Medikamente auf dieser Basis waren bis dahin noch nicht auf dem Markt, allerdings haben sich Forschungsgruppen weltweit seit mehreren Jahren mit dem Wirkprinzip eingehend befasst, so dass jetzt auf dieses Grundwissen zurückgegriffen werden konnte. 

Die Zulassungsbehörden betonen, dass trotz rasanter Entwicklungszeit keine Abstriche an die Sicherheitsvorgaben gemacht wurden.

Entwicklungsphasen für Impfstoffe

Die Entwicklung eines Impfstoffes bis hin zur Zulassung lässt sich in 6 Phasen einteilen:

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(Grafik: VfA)

Für das Zulassungsverfahren von Impfstoffen sowie für die Zulassung von Heil- und Arzneimitteln in der Schweiz ist das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic verantwortlich. 

Klinische Prüfung von Impfstoffen

Bis ein Impfstoff zugelassen werden kann, muss er in drei vorgegebenen Phasen klinisch geprüft werden. In einer Phase IV sollen Studien nach der Zulassung die Langzeitwirkung und -folgen untersuchen. 

Damit ein potenzieller Impfstoff für eine klinische Studie am Menschen überhaupt zugelassen wird, muss der Hersteller Daten vorlegen, um zu zeigen, dass der Stoff bereits ausreichend präklinisch getestet wurde - etwa in Tierversuchen.

Ablauf der klinischen Testphasen

Phase I: Der Impfstoff wird einer kleinen Gruppe gesunder Menschen verabreicht, die sich freiwillig zur Verfügung stellt. Es wird beobachtet, ob das Mittel den gewünschten Zielbereich im Körper erreicht und ob akute Nebenwirkungen auftreten. Nebenwirkungen, die möglicherweise erst später auftreten, können so nicht erkannt werden.

Phase II: Wenn die Phase I erfolgreich war, kann der Impfstoff in Phase II einer größeren Anzahl an Probanden verabreicht werden, die man der Risikogruppe zurechnet. In dieser Phase werden die Wirksamkeit des Impfstoffs bei der Verhinderung der Krankheit und die geeignete Dosierung getestet.

Phase III: In dieser Phase wird der Impfstoff an einer repräsentativen Gruppe von Freiwilligen getestet - bis zu zehntausend Probanden werden mit dem Wirkstoff geimpft. Überprüft und bestätigt werden die Wirksamkeit, die Sicherheit und die Dosierung der Impfung. Kann die Phase III erfolgreich abgeschlossen werden, so geht der Wirkstoff in das Zulassungsverfahren. 

Impfstoff gegen CoVid-19

Stand, Februar 2021:

Es wurden bereits mehrere Impfstoffe zugelassen. 2 Impfstoffe auf mRNA-Basis (Biontech/Pfizer, Moderna) wurden in einer Reihe von Ländern an mehrere Millionen impfwilliger Personen verimpft. Ein Vektorimpfstoff (AstraZeneca/Uni Oxford) wurde in der EU zugelassen und wird angewandt. Die Schweiz hat den Vektorimpfstoff nicht zugelassen.

In Russland und China wurden eigens produzierte Impfstoffe (es handelt sich um Vektorimpfstoffe) zugelassen und verimpft sowie in einige andere Länder ausgeliefert. Zu diesen Imfpstoffen liegen keine ausreichenden Erkenntnisse vor, die sich auf internationaler Ebene nachprüfen lassen. 

Berichte über Nebenwirkungen sind bei Medikamenten oder Impfstoffen nichts Ungewöhnliches. Je mehr Menschen geimpft werden, umso deutlicher zeigt sich im Lauf der Zeit die Wirksamkeit und eben auch mögliche Nebenwirkungen. Das betrifft natürlich erst einmal nur aktuelle Erkenntnisse. Über mögliche Langzeitwirkungen kann zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage getroffen werden. Die Wahrscheinlichkeit wird aber als sehr gering eingeschätzt.

Über 170 Forschergruppen (Stand: 20. Juli 2020) beteiligen weltweit an der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19 (vgl. Datei WHO). Auch Schweizer Forschungsgruppen und Biotech-Start-Ups sind im Rennen um einen Wirkstoff. Hinter diesen Aktivitäten stecken - neben der wissenschaftlichen Reputation - auch handfeste ökonomische Interessen. Wer als erster einen wirksamen Impfstoff gegen die akute Pandemie entwickeln und vor allem auch herstellen kann, wird nicht nur den Ruhm, sondern auch die Gewinne einstreichen. 

Die meisten Projekte zielen dabei auf eine der folgenden drei Arten von Impfstoffen:

Lebendimpfstoffe mit Vektorviren

Bei mehreren Projekten dienen gut bekannte, in der Regel für den Menschen harmlose Viren als Ausgangspunkt, beispielsweise das Adenovirus Serotyp 26 oder das Virus aus dem Masernimpfstoff. Solche sogenannten Vektorviren können sich im Körper vermehren, ohne eine Erkrankung auszulösen. Mittels gentechnischer Verfahren werden ein oder mehrere Oberflächenproteine durch SARS-CoV-2-Proteine ausgetauscht. Das menschliche Immunsystem soll so eine Covid-19-Infektion vermuten. Durch die Impfung soll ein Immunschutz aufgebaut werden, der dann auch eine «echte» Infektion abwehrt. Diese Impfstoffe nutzen Viren-DNA quasi als Transportfähre. Das Prinzip funktioniert analog zu den Ansätzen für Gentherapeutische Verfahren, mit allen Risiken, die damit verbunden sein können. Die Fremd-DNA kann sich im Erbgut einnisten und dort zu nicht einschätzbaren Risiken, wie möglicherweise Krebserkrankungen führen. 

Totimpfstoffe mit Virusproteinen

Mehrere Projekte, die auf Impfstoffe mit Virusproteinen abzielen, beruhen zumindest in Teilen auf lang bewährter Technologie: Sehr viele zugelassene Impfstoffe sind so zusammengesetzt; beispielsweise solche gegen Tetanus, Hepatitis B oder Grippe. Die Produktion dieser Impfstoffe ist allerdings wesentlich aufwändiger und daher zeitintensiver. 

Impfstoffe auf DNA Basis

Diese Impfstoffe enthalten ausgewählte Gene oder Bruchstücke des Virus in Form von mRNA oder DNA. Sie sollen nach der Injektion im Körper die Bildung von ungefährlichen Virusproteinen hervorrufen, die dann wie bei einem konventionellen Impfstoff für den Aufbau des Immunschutzes sorgen. Solche mRNA- oder DNA-basierten Impfstoffe haben den Vorteil, dass von ihnen sehr schnell viele Injektionsdosen produziert werden können. Da mRNA nicht in den Zellkern eindringt, ist eine "Veränderung der DNA", wie das einige Menschen befürchten, nicht möglich. 

Bei Impfstoffen auf DNA-Basis (Beispiel: Vektorimpfstoffe) besteht eine geringe Gefahr, dass sie unerwünschte Reaktionen im Körper auslösen können - bis hin zur Bildung von Krebszellen.